Blog von Irina Maurus
28. August 2015

Ein Buch tut gut!

Digital Detox oder zu Deutsch digitaler Entzug ‒ ein Trend, der im Silicon Valley bereits Schule macht. Hypervernetzte Menschen verzichten für eine Weile auf ihre digitalen Geräte, um abzuschalten und um danach wieder produktiver zu sein. Es muss ja nicht der totale Verzicht sein. Doch sich in den kommenden wunderschönen Sommerwochen den digitalen Geräten mal für eine Weile zu entziehen, tut jedem gut. Die beste Alternative: Lesen Sie ein gutes Buch!

Digitale Geräte sind heute ständige Begleiter. Sie ziehen unsere Aufmerksamkeit auf sich. Und so konditionieren sie uns nach und nach darauf, ihnen in unserem Leben immer mehr Platz einzuräumen. Was das Digitale in unserem Hirn anrichtet, beschreibt Hugh McGuire auf medium.com unterhaltsam in seinem Essay „Warum können wir nicht mehr lesen?“ Obwohl wir wissen, dass der ständige Griff zum Smartphone und die Aktualisierung des Email-Accounts unsere Konzentration stören, lassen wir von unseren neuen Gewohnheiten nicht ab. Aber weshalb?

Die Verführung des Gehirns

Neurowissenschaftliche Studien geben Aufschluss über den Vorgang, der sich unserem Gehirn abspielt, sobald eine neue Nachricht auf dem Display aufscheint: Sie erzeugen einen Ausstoss an Glückshormonen im Gehirn und sorgen für Hochstimmung. Die Verheissung auf neue Informationen verführt unser Gehirn dazu, gezielt nach diesem Dopamin-Ausstoss zu suchen, weil es entsprechend programmiert ist.

Gut, können Sie nun sagen, die Ausschüttung von Glückshormonen kann ja per se nichts Schlechtes sein. Aber der Hunger nach Belohnung hat seine Tücken: Ratten beispielsweise ziehen Aktivitäten zum Dopaminausschuss der Nahrungsaufnahme bis zum kompletten Erschöpfungszustand vor. Das ist zwar ein extremes Beispiel, dass McGuire anführt, doch wir kennen es alle, wie wir nach einem Tag im Büro, an dem wir zwar durchgehend mit diversen Sachen gleichzeitig beschäftigt waren, erschöpft vom "digitalen Overload" feststellen müssen, dass wir effektiv nichts geschafft haben, was uns Befriedigung verspüren lässt. Die Fokussierung auf mehrere Aufgaben verbraucht viel mehr Energie als sich einer vollständig zu widmen. Und am Ende macht Letzteres erst noch zufriedener.

Eintauchen statt surfen!

Also versuchen wir doch einfach mal wieder öfter, uns vom „digitalen Dopamin“ loszusagen. McGuires veritable Liebeserklärung an das Buch hilft uns dabei. Bücher entführen uns in neue Welten, in denen wir uns immer wieder neu erfinden können. Schwelgen wir in Erinnerungen an die Romane, die uns geprägt haben. Ich jedenfalls habe mir vorgenommen, nicht mehr nur nach der Pfeife der Ablenkung zu tanzen und das Smartphone einmal Smartphone sein zu lassen, so sehr ich die neuen Möglichkeiten der Kommunikation auch schätze.

Der Sommerurlaub ist die beste Zeit dafür. Schnappen Sie sich also ein paar Bücher für Ihre Sommerferien, suchen Sie sich ein ruhiges Plätzchen – ob in der Heimat oder fernab – und geben Sie Ihrem Gehirn die Chance, sich eine Abkühlung vom digitalen Dopamin zu verschaffen. Tauchen Sie ein in spannende Welten statt die schönsten Tage mit schnellen Informationen zu verkürzen. Wer dafür nicht kiloweise Bücher in seinem Koffer mitschleppen möchte: Der E-Reader tut es selbstverständlich auch.

Und für alle, die nicht bis zum Ende des Textes durchgehalten haben, hier die wichtigsten Erkenntnisse aus McGuires Essay zusammengefasst:

  • Konzentration: Wir haben verlernt, einer Sache ohne Unterbrechung unsere volle Aufmerksamkeit zu schenken.
  • „Digitales Dopamin“: Neue Nachrichten schütten Glückshormone in unserem Gehirn aus und führen dazu, dass wir uns immer weiter belohnen wollen.
  • Erschöpfung: Ständiges Verlangen nach Belohnung führt letztendlich zu wachsender Erschöpfung und Unzufriedenheit sowohl im Arbeits- als auch im Privatleben.
  • Der Wert der Bücher: Bücher entführen in neue Welten, in denen wir uns immer wieder neu erfinden können. Whats App-Nachrichten tun das eher selten.
  • Lesen Sie wieder Bücher!

Zum Autor

Hugh McGuire ist der Gründer von Press Books, einer Online Publishing Plattform, die auf WordPress basiert sowie von LibriVox.org, der grössten Bibliothek für kostenlose, public domain Audiobooks auf der Welt. Er bloggt unter http://hughmcguire.net über alles, was im Entferntesten mit Büchern und ihrer Verbindung zum Web zu tun hat.

Der Text “Why can’t we read anymore? Or, can books save us from what digital does to our brains?” erschien auf der Plattform Medium.com und wurde für die deutsche Ausgabe übersetzt.